Juni, 17:30 Uhr
Persien 1890: im ganzen Land verzichten Menschen auf den Konsum von Tabak, die Wirtschaft droht, in Schieflage zu geraten. Im ganzen Land entflammen Proteste gegen die Konzession, welche der Schah von Persien einem britischen Konzern für die Herstellung und den Handel von Tabak erteilt, und diesen damit zum Monopolisten gemacht hat. Die zentrale Technologie für die Verständigung der Protestierenden über tausende Kilometer ist die Telegrafie. An ihrem Auf- und Ausbau im Land haben deutsche Ingenieure und Firmen mitgewirkt.
Als neues Phänomen hat Telegrafie im 19. Jahrhundert Naturwissenschaftler, Schriftsteller und Musiker gleichermaßen beschäftigt. Hermann von Helmholtz vergleicht 1868 die Telegrafendrähte mit Nervenbahnen, die den Körper wie ein Land durchziehen, für Henry David Thoreau klingen sie auf seinen Spaziergängen wie ein äolische Harfe, ein Erfinder meldet einen Telegrafen, der musikalische Töne übermitteln soll, zum Patent an. Noch Ende der 1950er Jahre wird im Münchner Siemens-Studio für elektronische Musik mit Klangerzeugung auf der Basis von Lochstreifen-Telegrafie experimentiert.
Die Künstlerinnen von „Wired“ befassen sich mit den technischen Eigenheiten von Telegrafie im Verhältnis von Klang, Raum und musikalischer Kommunikation, mit ihrer Bedeutung in geopolitischen Machtkämpfen europäischer Mächte in Iran und als Instrument zur Organisation zivilen Ungehorsams. Die bildende Künstlerin Haleh Redjaian arbeitet in ihren geometrischen Kunstwerken mit Fäden, sie kreiert die räumliche Installation, in welcher die Musikerinnen interagieren. Das Ensemble weckt verschüttete Wahrnehmungen von Telegrafie als Geräuschmusik und erinnert an die Entwicklung elektronischer Musik aus der Kommunikationstechnik.
Klangteppich 2022 Programm:
3. Juni 19:30 Uhr
Liza – eine liminale Reise
3. Juni 21:00 Uhr
Dard-i door – ein ferner Schmerz